Gottesdienst am 2. Adventssonntag

„Seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht!“

Lk 21,28

Psalm: 80, 2-8
Evangelium Lk 21, 25-33
Predigtreihe III, Jak 5, 7-11
Wochenlied: O Heiland reiß die Himmel auf (EG 7)
Weitere Liedvorschläge:
EG 11
EG 20
EG 21
EG 154, 1-5

 

Votum

Im Namen Gottes des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Antiphon EG 21

Psalm 80
2 Du Hirte Israels, höre, / der du Josef hütest wie Schafe! Erscheine, der du thronst über den Cherubim, 3 vor Ephraim, Benjamin und Manasse! Erwecke deine Kraft und komm uns zu Hilfe! 4 Gott, tröste uns wieder und lass leuchten dein Antlitz, so ist uns geholfen. 5 HERR, Gott Zebaoth, wie lange willst du zürnen beim Gebet deines Volkes? 6 Du speisest sie mit Tränenbrot und tränkest sie mit einem großen Krug voll Tränen. 7 Du lässt unsre Nachbarn sich um uns streiten, und unsre Feinde verspotten uns. 8 Gott Zebaoth, tröste uns wieder und lass leuchten dein Antlitz, so ist uns geholfen.

Antiphon EG 21

Gloria patri

(Kyrie EG 178,12)

 

Tagesgebet

Allmächtiger Gott, HERR Zebaot,
wenn diese Welt an ihre Grenzen kommt
und die Kräfte des Himmels ins Wanken geraten;
wenn wir Menschen in Angst versinken,
dann gibst du dennoch keinen von uns verloren.

So bitten wir:
Schenke uns Gewissheit, bei dir geborgen zu sein,
lass uns die Zeichen sehen und erkennen,
die dein rettendes Kommen verkünden.
Hoffend auf Jesus Christus,
der da kommt in deinem Namen,
bitten wir dich. Amen.

Lied EG 7

Halleluja 154, 1

 

Evangelium

Lk 21, 25-28 (29-33)

Das Kommen des Menschensohns
25 Und es werden Zeichen geschehen an Sonne und Mond und Sternen, und auf Erden wird den Völkern bange sein, und sie werden verzagen vor dem Brausen und Wogen des Meeres, 26 und die Menschen werden vergehen vor Furcht und in Erwartung der Dinge, die kommen sollen über die ganze Erde; denn die Kräfte der Himmel werden ins Wanken kommen. 27 Und alsdann werden sie sehen den Menschensohn kommen in einer Wolke mit großer Kraft und Herrlichkeit. 28 Wenn aber dieses anfängt zu geschehen, dann seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht. 29 Und er sagte ihnen ein Gleichnis: Seht den Feigenbaum und alle Bäume an: 30 wenn sie jetzt ausschlagen und ihr seht es, so wisst ihr selber, dass der Sommer schon nahe ist. 31 So auch ihr: Wenn ihr seht, dass dies alles geschieht, so wisst, dass das Reich Gottes nahe ist. 32 Wahrlich, ich sage euch: Dieses Geschlecht wird nicht vergehen, bis es alles geschieht. 33 Himmel und Erde werden vergehen; aber meine Worte werden nicht vergehen.

Halleluja 154, 1

 

Predigttext

Jak 5,7-11

Mahnung zur Geduld
7 So seid nun geduldig, Brüder und Schwestern, bis zum Kommen des Herrn. Siehe, der Bauer wartet auf die kostbare Frucht der Erde und ist dabei geduldig, bis sie empfange den Frühregen und Spätregen. 8 Seid auch ihr geduldig und stärkt eure Herzen; denn das Kommen des Herrn ist nahe. 9 Seufzt nicht widereinander, damit ihr nicht gerichtet werdet. Siehe, der Richter steht vor der Tür. 10 Nehmt zum Vorbild des Leidens und der Geduld die Propheten, die geredet haben in dem Namen des Herrn. 11 Siehe, wir preisen selig, die erduldet haben. Von der Geduld Hiobs habt ihr gehört und habt gesehen, zu welchem Ende es der Herr geführt hat; denn der Herr ist barmherzig und ein Erbarmer.

(Wiederholung des Halleluja EG 154, 1)

(Credo)

 

Predigt: Seht auf, ER ist (bald) da!

Gruß: Gnade sei mit euch und Friede von unserem Gott, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.

Es ist einige Zeit her, dass sie einander begegneten. Da hatte er ihr gesagt, er würde wiederkommen. Nun war der Zeitpunkt gekommen.
Sie saß sie im Café, rührte im Cappuccino und schaute suchend aus dem Fenster. Ihre Augen schweiften über die Gesichter der Menschen, die vor dem Café entlanggingen.
Er war nicht zu sehen.
Sie wartete weiter und hielt Ausschau nach ihm. Sie stellte sich vor, wie sie einst Braut und Bräutigam sein würden, ganz in weiß, das Herz voll Lachen vor Freude und wie sich in ihrem Leben alles ändern würde – die Sehnsucht nach Glück wallte in ihr auf und ließ ihr Herz kleine Sprünge machen. Doch mit jedem Augenblick des Wartens zerfiel der Traum ein klein wenig mehr. Ihre Hoffnung, die frohen Gedanken, verwandelten sich langsam zu Asche.

Sie schaute auf Uhr ihres Handys. Es war weit über die verabredete Zeit hinaus und es fand sich auf dem Display keine Nachricht. Alles blieb still, nur die Zeit rückte weiter.
Hatte es noch Sinn zu warten oder sollte sie einfach gehen? Warum warten, vielleicht war alles nur eine Illusion, eben ein Traum, der sich soeben auflöste.
Als sie das Handy in die Tasche steckte und den letzten Schluck austrank, da schoss es ihr durch den Kopf: Was, wenn er gerade jetzt käme, gerade wenn sie den vereinbarten Ort verlassen hatte? Es würde vielleicht nie wieder diesen Moment, diese Chance in ihrem Leben geben. Dann wären wirklich alle ihre Lebensträume und Hoffnungen endgültig begraben.
So wartete sie weiter. Noch einen Moment, und noch einen Moment, bis die Gewissheit sie komplett verlassen hatte. Es hatte ja doch keinen Sinn, meinte sie nun entschiedener, als wieder eine Stunde ins Land gegangen war und es draußen schon dunkel wurde. So stand sie auf, legte sich den Schal um, als sich in diesen Moment eine Hand auf ihre Schulter legte. Sie schaute auf …

Wartet, ER wird kommen! So die Botschaft des Jakobus an die Christen seiner Zeit. Wartet und gebt nicht auf. Ja, ER wird kommen, der Bräutigam, der erwartete Messias, Jesus, der Sohn Gottes.
„Wir lange noch sollen wir warten?“ fragen sie. Die Antwort: „Haltet aus!“ Der Prediger Salomo klingt durch: Alles hat seine Zeit! Die Zeit des Leidens, die Zeit des Wartens, die Zeit der Erfüllung, die Zeit der Erlösung … Aber das hat etwas Fatalistisches. Wer auf den Messias wartet, der ergibt sich nicht irgendeinem unausweichlichen Schicksal, der hat eine Sehnsucht im Herzen, die ihn drängt – auf diesen Moment zu. Die Sehnsucht ist groß, der Armen, Entrechteten, der, die ohne Lobby sind, der Verzweifelten und Enttäuschten. Jakobus hat sie vor Augen, er sieht ihr Elend und kennt ihre Hoffnung, herauszukommen aus der Verfolgung, der Angst ums Leben, den täglichen Erniedrigungen, einem Leben im Versteck, einem Leben ohne Ziel. – ER muss doch bald kommen und diesem Wandeln im Finstern ein Ende bereiten.
Jakobus macht Mut. Die Gewissheit der Verheißung, das ist Glaube. „Der Richter steht vor der Tür!“ – die Richter, nicht Juristen, sondern die, die Gottes Gegenwart vergegenwärtigten, die Richter aus der Frühzeit Israels. Einer von ihnen wird ER sein, der die Gerechtigkeit aufrichtet, die den Verachteten und Entrechteten zu seinem Recht kommen lässt. Gottes Recht und Gerechtigkeit würde allem menschlichen Elend ein Ende bereiten. Der Richter, der aufrichtet, was gedemütigt und erniedrigt wurde, was gebückt dahergeht.
Woher die Gewissheit? Hat sich die Verheißung nicht schon einmal erfüllt, die Weissagungen der Propheten, waren sie nicht in Erfüllung gegangen? Hiob hat Gott so lange in den Ohren gelegen, bis er sich ihm offenbarte und aus dem Unglück herausholte. Also, haltet durch, begrabt eure Hoffnung nicht, begrabt eure Träume nicht. Betet weiter, hofft weiter!
Wie lange noch?
Seht auf! Schaut! Ja, er kommt – und ist schon da!

Warten auf Christus: Ich schaue auf die Christusikone über dem Schreibtisch und höre die Nachrichten aus Armenien. Christus schaut mich an und ich frage ihn: Wie lange noch? Warum tust du nichts? Es sind deine Schwestern und Brüder, verlassen von aller Welt – warum schreitest du nicht ein? Sie sind wie Schafe unter den Wölfen. Komm doch!
Unvermittelte Waffenrufe! Frieden und Erniedrigung, Weinen und Trauer – die aufgerissene Wunde schmerzt. Und doch: Ihr lebt. Seht auf! Ja, ihr lebt, denn allein ER wird euer Friede sein!

Warten auf Christus: „Mit meinem Glauben bin ich allein!“ sagt der Student der Kirchenmusik. Mit Freunden kann ich darüber nicht sprechen. Die ironischen Bemerkungen kennt er zur Genüge: Daran glaubst du wirklich?! Ob sein Beruf noch Sinn macht, fragt er sich. Vielleicht ist das alles nur eine schöne Kulisse fürs Weihnachtsgeschäft. Die Zweifel wachsen an, er hofft auf Klarheit, dass der Beruf, auf den er sich vorbereitet, Sinn macht.
Da erklingt eine klare und schöne Frauenstimme aus dem Nachbarzimmer: „Wie soll ich dich empfangen … Er summt leise mit.

Warten auf Christus: Eine Heimbewohnerin eines Altenheimes ruft ihre Kinder an. Eine neue Heimbewohnerin sei positiv auf Corona getestet worden. Nun darf für die nächste Zeit niemand mehr hinaus und hinein. Tiefe Traurigkeit, fast Verzweiflung spricht aus ihren Worten. Was bleibt, wenn ihre Kinder und Enkel sie nicht in diesen vorweihnachtlichen Tagen besuchen dürfen? Ob sie noch die Kraft hat, so lange zu warten, bis alles wieder möglich ist? Jeder Tag in ihrem Leben zählt, den sie mit ihrer Familie verbringen kann. Sie zündet die zweite Kerze auf dem Adventskranz an und stellt sich ein Bild ihrer Kinder auf. Sie betrachtet es und weint ein wenig. Da klopft es an die Tür. Die Dame von Nebenan steht mit einer Kerze und einem Fotobuch vor ihrer Tür. „Ich wollte fragen, ob sie nicht Freude hätten, dass wir uns von unseren Familien erzählen, da wir doch nun ganz für uns sind …“

Als sie aufstand, um zu gehen, legte sich eine Hand auf ihre Schulter. Sie schaute auf… da war er.
Amen.

Predigtlied EG 20

 

Fürbitten

O Gott, du entzündest die Sehnsucht nach dir immer wieder neu. Wir erwarten dich in dieser Zeit. Reiß die Himmel auf, lass es hell und licht werden auf dieser Erde und für alle, um die wir dich nun bitten wollen:

Wir bitten dich für alle die in ihren Lebenstagen Müde geworden sind und deren Blick gesenkt und trüb ist, die nichts mehr im Leben erwarten. Rühre sie an, wecke sie auf. Zünde dein Licht der Hoffnung in ihnen an.
Für sie rufen wir zu dir: Kyrie EG 178,10 o. 12

Wir bitten dich für alle, die auf niemanden mehr warten, die von Enttäuschungen gezeichnet sich zurückgezogen haben und einsam und allein sind. Schenk ihnen eine Begegnung mit einem anderen Menschen, die sie aufmerken lässt.
Für sie rufen wir zu dir: Kyrie EG 178,10 o. 12

Wir bitten dich, Gott, für alle, die auf alles und jeden reagieren, die unbedingt bei allem dabeisein müssen, die ihre innere Mitte verloren haben, die von Ängsten getrieben werden. Schenke ihnen Gelassenheit, Vertrauen und den Blick für das Wesentliche. Lass sie aufsehen auf dich.
Für sie rufen wir zu dir: Kyrie EG 178,10 o. 12

Wir bitten dich, Gott, für unsere Schwestern und Brüder in Armenien. Lass sie in unheilvoller Zeit, nicht allein auf ihre Wunden sehen, sondern ihre Häupter erheben, weil du ihr Friede , ja, ihre Erlösung bist.
Für sie rufen wir zu dir: Kyrie EG 178,10 o. 12

Wir bitten dich, Gott, für alle, die in der Finsternis von Krieg, Gewalt, Terror und Willkür leben müssen. Sei du ihnen das Licht der Hoffnung, komme du ihnen mit deinem Licht des Lebens entgegen.
Für sie rufen wir zu dir: Kyrie EG 178,10 o. 12

Stille: In der Stille nennen wir die Namen der Menschen, die wir deiner Barmherzigkeit und heilvollen Gegenwart anvertrauen wollen…

Für alle, die wir dir in der Stille anvertrauten, bitten wir und rufen zu dir: Kyrie EG 178,10 o. 12

Christus, vereint sind wir mit Gebet, das du uns lehrtest. So beten wir mit dir:
Vaterunser

Segensbitte
Dass wir, von der frohen Erwartung deines Ankommens erfüllt, anderen Mut machen aufzusehen und dich zu erwarten, dazu erbitten wir deinen Segen:

Segen

EG 11, 6+7

Gottesdienst von Pfr. Dirk Vogel

 

Download als PDF

Cookie Consent mit Real Cookie Banner